im kontext von raum, bau und stadt

>36 Holzschnitte

einfarbig schwarz, 36 Drucke von verschiedenen Bilderrahmen in grauer Kassette, 50 x 60 cm, 8 Expl. / 2 E.A., Text Thomas Wagner; Herausgeber Klaus Gallwitz, Künstlerhaus Schloß Balmoral

Fritz Balthaus: 36 Holzschnitte

Sechsunddreißig Holzschnitte

 

hat Fritz Balthaus realisiert. Ein jeder besteht aus der positiven Darstellung von jeweils vier handelsüblichen Rahmenprofilen, die so auf Blätter im Format 50 mal 60 Zentimeter gedruckt wurden, daß sie sich zu einem Rahmenfenster zusammenfügen. Die Mitte dieser Rahmen ist leer. Auf diese Weise wird die Darstellung des Rahmens selbst zum Bild. Dieses ist einerseits exaktes Abbild der Profile, zugleich aber eigenständige Darstellung des Vorgangs des Rahmens selbst. Da es sich bei den gewählten Rahmenleisten um Holzleisten handelt, erweist sich die Wahl des Mediums Holzschnitt obendrein als „Meta-Ironie“. Dasjenige, was rahmt, und, indem es dies tut, etwas aus der sichtbaren Welt ausschneidet, wird von Fritz Balthaus im Holzschnitt gerade stehengelassen, damit es sich im Druck auf dem Papier darstellt. Die Rahmen verweisen nur auf sich selbst, Indem sie selbstreflexiv dargestellt werden, entschwindet ihnen die Welt.

 

Was wäre die Malerei, was die Zeichnung, was Radierung oder Lithographie ohne einen Rahmen ? Allein schutzlos, ohne sich auf eine Abgrenzung gegenüber der profanen, gewöhnlichen Wand zu stützen, ohne sich auf den eigenen Weltinnenraum des Rahmens berufen zu können, was wären all diese wunderbaren Medien ? Man muß vermuten, und man tut es mit melancholischen Gedanken: weniger. Kann ein Blatt, sorglos an die Wand geheftet, noch die Würde ausstrahlen, die ein Kunstwerk von dem gewöhnlichen Allerlei unterscheidet ? Selbst die rahmenlose Präsentation oder die „rahmenlose Rahmung“ hinter Glas zerrt noch von der Tradition, in der das Werk sich deutlich von der Welt abhebt. Rahmung bedeutet also auch Weltflucht. Deren Gewinn nennen wir Kunst. Erkannt, komponiert, gefühlt, verdichtet kehrt ein Teil der Welt als Bild in diese zurück.

 

Thomas Wagner