im kontext von raum, bau und stadt

>4 Installationen, 1994

Kat./Ausst, Aufl. 20 Expl./ 10 E.A., Karton mit Katalog zur Ausstellung, Farbmeßstreifen & Zertifikat mit Installationsanweisung; Lupo-Projektion, Projektor, projizierte Luftpolsterfolie; Farbmeßstreifen auf Wand; Licht/Schatten, 3000 Watt-Glühbirne, Spiegel, Bretter

Fritz Balthaus: 4 Installationen, 1994

>Blinde Flecken, tote Winkel

 

Die Ausstellung von Fritz Balthaus kehrt die Schönheit des "blinden Flecks" und des "toten Winkels" hervor". Beide werden nur von denen eingesehen, die sich als Teil der Ausstellung selbst begreifen.

 

Wie macht Balthaus das Sehen sichtbar ? Die Ausstellung besteht aus vier installativen Situationen, die sich in ihren unterschiedlichen Ausformungen als Projektionen erweisen. Die erste Projektion befindet sich in der Nähe des einzigen tragenden Pfeilers im Ausstellungsraums. Es ist eine leicht aus dem Zentrum des Raumes gerückte Versuchsanordnung, die von der Decke herabhängt. Sie setzt sich zusammen aus einer sehr hellen Glühbrine - der einzigen Lichtquelle im Raum - drei rechteckigen Holzplatten und einem kleinen Spiegel. Die extreme Helligkeit der 3000-Watt-Birne erzeugt und zeigt den Raum in seiner maximalen Ausdehnung. Im Gegensatz zur üblich ausgeleuchteten Ausstellungsszenerie ist das Licht hier Konstruktionselement. Die in diese Situation hineingehängten Holzplatten und Spiegel projizieren ein zweiteiliges Bildfeld aus Licht und Schatten an die Wand. Heute vielleicht auch zu lesen als ein digitales Bild - zu Ausstellungsbedingungen. Die von Balthaus installierte Situation behandelt das Bild und dessen Montageelemente gleichwertig und bietet so zwei Möglichkeiten: Inständige Meditation und deren rezeptive Demontage durch den Betrachter. Genauso verhält es sich bei einer weiteren Arbeit im Raum: Ein Stückchen Blasenfolie, wie man es gewöhnlich zum Verpacken von Bildern benutzt, wurde anstelle eines Diapositivs in einen Diaprojektor gesteckt. Aufgrund der dreidimensionalität der Polsterfolie findet der Autofokus des auf Augenhöhe stehenden Projektors keinen Brennpunkt und wirft, auf der Suche nach der Bildschärfe, ein ständig bewegtes und atmendes Lichtbild an die Wand. Die dritte Arbeit führt vom Raum der Galerie in den "Raum" des Katalogs: An der unteren Kante einer Ausstellungswand, knapp über dem Fußboden, verläuft ein Farbmeßstreifen, der sich aus den vier Farben zusammensetzt, die für den Vierfarbendruck verwendet werden. Das Formenrepertoire des Farbmeßstreifens mutet an, wie das von konkreter Malerei. Es verdankt sich jedoch gänzlich dem Zweck des Farbmessens. Die Plazierung dieses Farbbandes im Ausstellungsraum faßt die Wand als weißen Druckbogen auf. Ohne den Galerieraum zu fotografieren und diese willkürliche Raumkonstruktion im Katalog abzubilden, gibt der Ausstellungskatalog nun jene meßtechnischen Bildfindungen wieder und setzt so Galerieraum und Katalograum ineins. In der vierten Ausstellungssituation werden Reproduktionen des ausgestellten Farbbandes zusammen mit dem Katalog als Multiple verkauft und so verläßt selbst die Ausstellung den Ausstellungsraum.

 

Dr. Peter Funken